Amateurfunk - eine Philosophie

Als ich die Amateurfunkprüfung abgelegt habe, herrschte noch der "kalte Krieg" zwischen Ost und West. Die Möglichkeit, mit einem Funkamateur aus einem weit entfernten oder überwachten Land sprechen zu können - das war ein Gefühl der Verbundenheit mit allen Menschen dieses Planeten, und auch ein Gefühl von Freiheit. Heute höre ich von jungen Leuten, denen ich versuche, das zu erklären, oft die Antwort: "Weltweit mit Menschen sprechen? Dafür habe ich mein Handy! Und weltweit mit Menschen kommunizieren? Dafür gehe ich ins Internet!" Das gleichzusetzen mit einer Funkverbindung - ist eine sträfliche Vereinfachung... Sowohl für Handys, "normale Telefone" als auch das Internet braucht es eine funktionierende Infrastruktur - zusätzlich zum Kommunikationsgerät "Handy" oder "Computer". Ohne diese Infrastruktur sind beide zum Kommunizieren ausserstande. Ein Funkamateur braucht nur sein Funkgerät, ein Stück Draht als Antenne und eine Spannungsquelle (eine Autobatterie reicht) - schon kann er jeden Ort rund um unseren Planeten erreichen. Frei von jeder Zensur oder Abschaltmöglichkeit durch Institutionen der Staaten. Und: ein Funkamateur hat in der Tat jeden Tag Kontakte und Gespräche in alle Welt - und auf jeden Fall schon mal ein Gesprächsthema: das gemeinsame Hobby. Man unterhält sich auf Englisch, und die Umgangsformen sind einheitlich. Was würde wohl passieren, wenn man wahllos eine Telefonnummer aus dem Ausland wählt? Ich denke, das wird eine sehr kurze Verbindung - und ob man das als "Gespräch" bezeichnen mag, ist so eine Frage...

Durch das Hobby "Amateurfunk" habe ich gelernt, technische Dinge zu verstehen und dieses Verständnis auch praktisch für die Instandsetzung, die Entwicklung und den Bau eigener Geräte einzusetzen.

Eine wesentliche und prägende Erkenntnis daraus war, dass ich den Erwerb von Kenntnissen und händischen Fähigkeiten für ein sehr hohes (wenn nicht sogar für das höchste) Ziel der eigenen Entwicklung meines Lebens gefunden habe. Kein Streben nach "bunten bedruckten Scheinchen" (Geld) kommt an die Erfüllung und die Zufriedenheit heran, die ich empfinde, wenn ich Zusammenhänge verstehe und einige davon auch für mich (und andere) nutzen kann.

Umso erschreckender finde ich, dass trotz der Möglichkeiten, die das Internet bietet um Wissen zu erwerben und Know-How über händische Vorgehensweisen zu beobachten, beide Fähigkeiten bei der breiten Masse aller Menschen mehr und mehr verkommen. Besonders die jungen Menschen sind durch Werbung und Medien immer mehr erfolgreich zum "reinen Konsumenten" erzogen. Kaum noch Drang, etwas zu verstehen, oder etwas selbst zu bauen, wenn "...ich es für 20 Euro bei ebay bekomme...". Die Schule scheint hier nicht in der Lage zu sein (oder will es auch gar nicht), andere Akzente zu setzen. Mit dieser Entwicklung einher geht eine Ausrichtung der Ziele unserer Gesellschaft auf das "blosse Anhäufen von Geld, Macht und Zuwachs". Diese Thematik finde ich so wichtig, dass ich ihr eine eigene Internetpräsenz gewidmet habe - in der Hoffnung, viele Gleichgesinnte finden zu können, um gemeinsam etwas zu bewegen. Dafür sind nach meiner Ansicht keine neuen Parteien notwendig, vielmehr müssen die Mandate, die die Bürger "ihren" Parteien geben, eindeutiger und mit mehr Nachdruck sein.